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Die Ausbildung des Freizeitreiters

Durchlässigkeit

Cha­rak­te­ri­sie­rend für mei­nen Unter­richt ist, dass das Pferd in sei­ner Kopf­hal­tung frei bleibt, also nicht durch den Rei­ter in sei­ner Hal­tung geformt und bestimmt wird. Ein wich­ti­ger Teil des Ler­nens für den Rei­ter besteht dar­in, sich durch­läs­sig in die Bewe­gungs­ab­läu­fe ein­zu­fin­den. Durch die Auf­ga­ben­stel­lun­gen und die Impul­se des Rei­ters soll das Pferd sei­ne Bewe­gungs­mög­lich­kei­ten und die dazu pas­sen­den Hal­tun­gen ent­wi­ckeln kön­nen. Es wird ange­hal­ten und ermu­tigt, auf uns und unse­re Kör­per­hal­tung zu reagie­ren, sich also nicht nach dem Zügel, son­dern nach uns auszurichten.

Vertrauen und Authentiziät

Vor­aus­set­zung für die gewünsch­te Durch­läs­sig­keit ist, dass wir als Rei­ter dem Pferd kei­ne Wider­stän­de oder Ver­span­nun­gen ent­ge­gen­set­zen. Sonst ant­wor­tet das Pferd auf unse­re Fes­tig­keit sei­ner­seits mit Fest­wer­den. Daher ist der Begriff Durch­läs­sig­keit genau so wich­tig auf den Rei­ter zu bezie­hen wie auf das Pferd. Wol­len wir, dass unser Pferd sich uns anver­traut, so sind wir gefor­dert, ihm die Eigen­schaf­ten ent­ge­gen­zu­brin­gen, die zu sei­ner Ergän­zung wich­tig sind (z.B. Klar­heit, eige­ne Stär­ke, Selbst­si­cher­heit, Begeis­te­rung, Zunei­gung). Erst wenn wir es von unse­ren Qua­li­tä­ten über­zeu­gen, wird es sich uns anschlie­ßen und mit und von uns ler­nen. In die­ser Art von Aus­tausch hält uns das Pferd oft den Spie­gel vor und kon­fron­tiert uns mit unse­ren Emo­tio­nen und Ein­stel­lun­gen – nicht zufäl­lig galt frü­her die Schu­lung des Rei­ters auch als Lebensschulung…

Bewegungsschulung – Bewegungsfindung

Für die Aus­bil­dung des Pfer­des hat die­ser Ansatz meh­re­re Kon­se­quen­zen. Grund­sätz­lich wer­den die Aus­bil­dungs­schrit­te ganz­heit­lich ange­gan­gen, das bedeu­tet, es wer­den Kör­per­tei­le nie­mals iso­liert bear­bei­tet oder Bewe­gungs­ele­men­te (wie das „Über­tre­ten“) iso­liert ein­ge­übt. Bei jeder Auf­ga­be wird über­prüft, ob das Gesamt­bild stim­mig bleibt. Zu Beginn der Aus­bil­dung fin­det sich das Pferd in sei­nem eige­nen Takt und Rhyth­mus der natür­li­chen Gang­ar­ten und fes­tigt sich dar­in. Dann geht es dar­um, die Gang­ar­ten sowohl in Rich­tung Ver­stär­kung als auch in Rich­tung Ver­kür­zung (Ver­samm­lung) vari­ie­ren zu kön­nen. Durch die Arbeit in der Bie­gung – Bie­gung ganz­heit­lich ver­stan­den, von Kopf und Hals über Rumpf und Rücken bis hin zur Krup­pe – lernt das Pferd, sei­ne Gän­ge und sei­ne Hal­tung zu ver­kür­zen. Es erfährt sich dabei in sei­ner Beweg­lich­keit, was sowohl die Tra­ge­kräf­te als auch die Beweg­lich­keit der Wir­bel­säu­le för­dert.

Die Pferdebewegung führt, aus der Bewegung bringt sich der Reiter ein

Die Aus­bil­dung des Frei­zeit­rei­ters folgt ähn­li­chen Prin­zi­pi­en: Zunächst lernt der Rei­ter, im Becken­ring los­ge­las­sen im auf­ge­rich­te­ten Sitz sich der Bewe­gung des Pfer­des anzu­ver­trau­en und sich mit­neh­men zu las­sen. Das Erspü­ren der Bewe­gun­gen des Pfer­des, das Auf­neh­men von Takt und Rhyth­mus ist die Vor­aus­set­zung dafür, das Pferd mit­tels Schen­kel- und Sitz­hil­fen akti­vie­ren zu kön­nen. Die Ein­wir­kun­gen erfol­gen stets aus der Pfer­de­be­we­gung her­aus ent­wi­ckelt. Dabei gilt die Regel, jede Ein­wir­kung für sich zu gestal­ten, also hin­ter­ein­an­der, nicht gleich­zei­tig. Die Rei­hen­fol­ge dabei ist: Schenkel‑, Sitz­hil­fe, Reak­ti­on des Pfer­des abwar­ten, dar­auf folgt als letz­tes die Zügel­hil­fe. Die ver­wah­ren­den Schen­kel- und Zügel­hil­fen geben dem Pferd einen Rah­men, in dem es im Gleich­ge­wicht mit dem Rei­ter immer frei­er in der Vor­hand ent­wi­ckeln kann.

Die­se ganz­heit­li­che Aus­bil­dung för­dert die Ent­wick­lung der Per­sön­lich­keit des Pfer­des, indem es sein Bewe­gungs­po­ten­ti­al ent­deckt, was in direk­tem Zusam­men­hang mit sei­nen Spiel- und Aus­drucks­mög­lich­kei­ten steht und somit sei­ne psy­chi­sche Ent­wick­lung beeinflusst.